Notfälle von A-Z

Verbrennungen und Verbrühungen

Am häufigsten ereignen sich Verbrennungen im Haushalt, etwa mit dem Bügeleisen, oder in der Freizeit, z. B. beim Grillen oder bei sonstigem Kontakt mit offenem Feuer. Verbrennungen können auch durch elektrischen Strom entstehen (Stromunfall), durch Reibung (z. B. Rutschen mit nackter Haut auf trockenen Rutschbahnen) und durch Kontakt mit extrem kalten Objekten (z. B. mit flüssigem Stickstoff; dann spricht man auch von Kaltverbrennungen).

Von Verbrühungen spricht man, wenn heiße Flüssigkeiten oder Dämpfe auf die Haut einwirken und sie schädigen.

Verbrennungen werden (wie Erfrierungen auch) in drei Schwere- bzw. Tiefengrade eingeteilt. Dabei spielt auch die Ausdehnung der Verbrennungen eine Rolle. Man benutzt die Neunerregel, bei der die Körperoberfläche (KOF) in ein Vielfaches von 9 aufgeteilt wird: Kopf/Hals und Arm entsprechen je 9 % der KOF, Bein, Rumpf vorn und Rumpf hinten je 18 % der KOF. Die Handfläche des Verletzten entspricht 1 % der KOF. Wenn mehr als 20 % Körperoberfläche, bei Kindern 5 %, verbrannt sind, muss die Verbrennungswunde in einem Krankenhaus behandelt werden.

Die Haut besitzt eine schlechte Wärmeleitfähigkeit. Bei hohen Temperaturen ist es ihr nicht möglich, Wärme gleichmäßig zu verteilen, weshalb es dann zu Schädigungen des Gewebes kommt. Verbrennungen der Körperoberfläche, die ein bestimmtes Maß überschreiten, haben für den Betroffenen nicht nur Konsequenzen an der verbrannten Stelle. Es drohen Volumenmangelschock und Blutvergiftung (Sepsis), verbunden mit dem Funktionsverlust anfänglich völlig unbeteiligter Organe (z. B. akutes Nierenversagen). Aus diesem Grund spricht man dann von der Verbrennungskrankheit. Diese ist auch unter optimaler intensivmedizinischer Therapie nicht immer behandelbar.

Anzeichen und Beschwerden

  • Verbrennung 1. Grades: Hautrötung, diskrete Schwellung, Schmerzen (verheilt narben- und folgenlos)
  • Verbrennung 2. Grades: Hautrötung, Blasenbildung, starke Schmerzen (verheilt nur manchmal narbenlos)
  • Verbrennung 3. Grades: Graue, weiße oder schwarze Haut, im verbrannten Haut- oder Körperteil kein Schmerzempfinden mehr, da die Nervenzellen der Haut zerstört sind (verheilt nur unter Narbenbildung, größere Defekte müssen mit plastisch-chirurgischen Hauttransplantationen geschlossen werden.

Erste-Hilfe-Maßnahmen

Sofortmaßnahmen. Unterbrechen Sie sofort die Hitzezufuhr, indem Sie den Betroffenen mit Wasser übergießen, in Decken einwickeln oder auf dem Boden wälzen. Verbrühte und verbrannte Kleidung sollten Sie an den betroffenen Hautpartien rasch entfernen, sofern sie nicht mit der Haut verklebt ist – mit der Haut verklebte Stücke auf keinen Fall abreißen! Kühlen Sie die betroffenen Körperpartien (nicht den gesamten Patienten) ausgiebig mit fließendem kalten Wasser; dazu reicht Leitungswasser mit einer Temperatur von 10–15 °C, optimal allerdings wäre sterile Kochsalzlösung. Das Kühlen mit Eis, Eiswasser oder -packungen wird nicht empfohlen; es dauert länger, bis es wirkt und zudem drohen Kälteschäden.

Weitere Regeln für das richtige Kühlen: Bei Säuglingen und Kindern besonders vorsichtig kühlen. Nur innerhalb der ersten 15 Minuten mit der Kühlung beginnen und dann nicht länger als 10 Minuten fortfahren. Wichtig ist, dass der Betroffene dabei nicht auskühlt. Kleinere Verbrennungen kühlt man fortlaufend, bis der Schmerz nachlässt. Verbrennungen zweiten oder dritten Grades, bei denen mehr als 20 Prozent der Haut verbrannt sind, werden indes nicht gekühlt – da das die Wärmeregulation des Körpers beeinträchtigt und eine Unterkühlung droht.
Brandwunden sollten am besten mit metallisierten Folien abgedeckt werden – alternativ mit sterilen feuchten Tüchern. Salben, Öle, Pude oder ähnliche Hausmittel dürfen nicht auf die Wunde aufgetragen werden. Auch Brandblasen sollten nicht geöffnet werden, weil sie ein natürlicher Schutz gegen eindringende Bakterien sind.

Wann zum Arzt

Vom Verbrennungsgrad und dem Allgemeinzustand des Betroffenen hängt ab, ob der Notarzt gerufen werden muss, um den Betroffenen ins Krankenhaus transportieren zu lassen – oder ob ein Termin beim Hausarzt ausreicht.

  • Die meisten erstgradigen Verbrennungen und auch einzelne Brandblasen können problemlos zu Hause behandelt werden. Betreffen sie das Gesicht oder die Genitalien und sind Sie nicht sicher, ob es sich wirklich nur um erstgradige Verbrennungen handelt, suchen Sie den Notdienst auf.
  • Bei zweitgradigen Verbrennungen – hier sieht der Wundgrund weißlich aus – sollten Sie zum Arzt, wenn sich an mehreren Stellen Blasen bilden, insbesondere dann, wenn mehr als 2–3 % der Körperoberfläche verbrannt oder verbrüht sind. Die fachärztliche Behandlung kann der Bildung ästhetisch und funktionell ungünstiger Narben entgegen­wirken, indem der Arzt die Wunden chirurgisch säubert oder sogar Hauttrans­plan­ta­tionen vornimmt.
  • Sind mehr als 10 % der Körperoberfläche betroffen, erfordert dies im Allgemeinen eine stationäre Behandlung.
  • Alle drittgradigen Verbrennungen (also wenn die verbrannte Stelle schwarz oder aber weiß und gefühllos ist) müssen sofort vom Arzt behandelt werden.
  • Auch wenn es zu einer Inhalation von heißem Rauch kam, sollten Sie einen Arzt konsultieren.

Der Betroffene darf nicht allein gelassen werden, denn noch Stunden später droht die Entwicklung eines Schocks. Verletzte mit größeren Brandwunden sollten immer ins Krankenhaus, denn Brandwunden heilen schlecht, und Komplikationen wie Hauteiterungen und Infektionen werden leicht unterschätzt.

Nachbehandlung

Vor allen Dingen sollte die verheilte Wunde nicht der Sonnenstrahlung ausgesetzt werden. Das schädigt nur die empfindliche Haut und führt zu unschönen Pigmentierungen. Der Sonnenschutz sollte bei Verbrennungen im Gesicht und an den Händen etwa durch Cremes mit hohem Lichtschutzfaktor und ähnlichem unterstützt werden. Eine intensive Hautpflege wird grundsätzlich empfohlen.

Autor: Dres. med. Katharina und Sönke Müller; Dr. med. Arne Schäffler

Vergiftungen

Vergiftungen
encierro/Shutterstock.com

Vergiftungen kommen weitaus häufiger vor, als man annimmt. Allein in Deutschland vergiften sich jährlich 30 000 Kinder, meist durch herumliegende Medikamente, aggressive Putzmittel oder Pflanzenschutzmittel. Häufigste Ursache bei Erwachsenen ist der Selbstmordversuch (~ 85 % aller Vergiftungen), an zweiter Stelle stehen Vergiftungen durch gefährliche Arbeitsstoffe.

Giftnotrufzentralen in Deutschland, Österreich und in der Schweiz geben Auskunft, ob bestimmte Substanzen giftig sind und wie gefährlich der Kontakt mit ihnen ist. Sie geben auch konkrete Anweisungen, was Sie tun sollen.

Arzneimittelvergiftungen

Beim Selbstmordversuch nehmen Betroffene meist eine Überdosis Medikamente (Schlaftabletten) zu sich, häufig in Kombination mit viel Alkohol. Bei rechtzeitiger Einweisung ins Krankenhaus (Auspumpen des Magens) kann der Mensch gerettet werden. Bedrohlich sind aber Vergiftungen mit einigen Schmerzmitteln wie z. B. Paracetamol (Ben-u-ron®).

Anzeichen und Beschwerden

  • Bewusstseinstrübung, Bewusstlosigkeit
  • Atem- und Kreislaufstörungen
  • Übelkeit, Erbrechen, Durchfälle
  • Komaähnlicher Tiefschlaf
  • Unkoordiniertes Sprechen und Lallen.

Maßnahmen

  • Notarzt rufen
  • Giftreste sicherstellen und ins Krankenhaus mitgeben.

Helfen auch bei Suizidversuch?

Auch bei einem Selbstmordversuch besteht die Pflicht, Erste Hilfe zu leisten. Einen Menschen, der beschlossen hat, mit seinem Leben Schluss zu machen, aus seinem Koma zu reißen, ihm den Magen auszupumpen und auf einer geschlossenen psychiatrischen Station unterzubringen – verstößt das nicht gegen das Selbstbestimmungsrecht eines jeden Menschen?

Die Frage ist berechtigt, aber die Rechtsprechung geht davon aus, dass ein Selbstmordwilliger seine Tat nicht bis zum Ende durchführen will und fordert deshalb das Recht, ja die Pflicht, auf lebensrettende Maßnahmen im Sinne einer „Geschäftsführung ohne Auftrag“. Dies entspricht auch der Lebenserfahrung. Die meisten Menschen, die einen Selbstmordversuch überlebt haben, sind – nach einer gewissen Zeit – dankbar dafür, gerettet worden zu sein.

Lebensmittelvergiftungen

Werden insbesondere Milchprodukte und Fleisch nicht ausreichend gekühlt, sind sie Nährböden für unerwünschte Bakterien und Pilze. Diese Organismen produzieren Giftstoffe, die auch durch Erhitzen (teils sogar durch Kochen) nicht vernichtet werden. Nach der Nahrungsaufnahme kommt es zu Vergiftungserscheinungen.

Die häufigsten Erreger sind Salmonellen, die die Mehrzahl der Legehennen in sich trägt. Vornehmlich werden sie über Speisen mit rohen Eiern wie selbst gemachte Tiramisu und Mayonnaise übertragen. Von Mensch zu Mensch hingegen wird das Bakterium Staphylococcus aureus übertragen, der zweithäufigste Verursacher von Lebensmittelvergiftungen. Dieses Bakterium ist vor allem in der Großküchenverpflegung ein Problem.

Anzeichen und Beschwerden

  • Ungefähr drei Stunden nach der Nahrungsaufnahme heftiges Erbrechen und sofort oder später massive Durchfälle
  • Kopf- und Bauchschmerzen
  • Durch den Flüssigkeitsverlust möglicherweise Schockzeichen.

Maßnahmen

Gefahr droht in erster Linie durch den Flüssigkeitsverlust; dieser lässt sich oft nur durch Infusionen ausgleichen. Übersteigen Durchfall und Erbrechen ein bestimmtes Maß, sollte der Betroffene deshalb ins Krankenhaus. Insbesondere bei Säuglingen, Kleinkindern und alten Menschen sollte damit nicht gezögert werden.

  • Vorsichtig Wunschgetränke, Tee oder Mineralwasser verabreichen
  • Falls erforderlich, Schocklage.

Vergiftungen durch Pilze, Pflanzen und Beeren

Unkenntnis oder mangelnde Aufsicht bei Kindern sind die häufigsten Ursachen für eine Vergiftung durch Beeren, Pflanzen und Pilze. Auskunft, ob die Pflanzen oder Pilze ungenießbar, giftig oder sogar lebensgefährlich sind, geben die Giftnotrufzentralen telefonisch oder im Internet.

Anzeichen und Beschwerden

  • Übelkeit, Erbrechen
  • Koliken (wehenartige Krämpfe) und Durchfälle
  • Schwindel, Unruhe, Verwirrtheit
  • Atemstörungen.

Bei Vergiftungen durch Tollkirsche oder Stechapfel: trockene Schleimhäute, schneller Puls, weite Pupillen.

Bei manchen Vergiftungen, z. B. der Knollenblätterpilzvergiftung, dauert es allerdings bis zu 24 Stunden, bis die ersten Vergiftungsanzeichen auftreten. Das macht die Vergiftung nicht weniger harmlos. Der weiße Knollenblätterpilz ist der giftigste von allen europäischen Pilzarten – schon ein einziger verzehrter Pilz kann tödlich sein. 

Maßnahmen

  • Giftreste sicherstellen und ins Krankenhaus mitgeben.

Reinigungsmittelvergiftungen

Betroffen sind vorwiegend Kinder, die Wasch- oder Spülmittel zu sich genommen haben. Die meisten dieser Mittel sind relativ ungiftig. Da sie jedoch zur Schaumbildung neigen, besteht die Gefahr, dass – insbesondere beim Erbrechen – Schaum in die Lunge gelangt. Manche Putzmittel, z. B. aggressive WC-Reiniger oder Entkalker, enthalten Chlor oder andere ätzende Substanzen, sodass eine Verätzung von Mundhöhle und Speiseröhre droht.

Anzeichen und Beschwerden

  • Übelkeit, evtl. Durchfall und schaumiges Erbrechen
  • Bei ätzenden Stoffen brennende Schmerzen im Mundbereich
  • Schluckbeschwerden, vermehrter Speichelfluss
  • Ätzspuren an Lippen und Schleimhäuten (schorfige, glasige Aufquellungen, Beläge, auch Blutungen)
  • In schlimmen Fällen Atemnot und Schockzeichen.

Maßnahmen

  • Sofort Notarzt rufen
  • Betroffenen niemals zum Erbrechen bringen
  • Oberkörper hochlagern
  • Zur Verdünnung der ätzenden Substanz reichlich Wasser zu trinken geben
  • Schockbekämpfung.

Weiterführende Informationen

  • Notrufnummern von Giftinformationszentralen (immer aktuell auf www.giftnotruf.de unter der Rubrik Patienteninfo/Übersicht Giftnotrufe; alle Zentralen sind rund um die Uhr besetzt):
  • Berlin-Brandenburg (030) 19240
  • Bonn (0228) 19240
  • Erfurt (0361) 730730
  • Freiburg (0761) 19240
  • Göttingen (0551) 19240
  • Homburg/Saar (06841) 19240
  • Mainz (06131) 19240
  • München (089) 19240
  • Nürnberg (0911) 3982451
  • Für die Schweiz ist der Giftnotruf in Zürich zuständig: erreichbar über Giftnotruf 145 (ohne Vorwahl) oder (01) 2515151(www.toxi.ch).
  • www.meb.uni-bonn.de/giftzentrale/pilzidx.html – Website der Informationszentrale gegen Vergiftungen der Universität Bonn: Hier finden Sie Informationen über Pilze.

Autor: Dres. med. Katharina und Sönke Müller; Dr. med. Arne Schäffler

Verätzungen

Verätzungen sind durch Säuren und Laugen verursachte Gewebezerstörungen. Sie treten im Bereich von Mund, Speiseröhre, Magen, Haut und Augen auf. Häufigste Ursache für eine Verätzung – insbesondere bei Kindern – ist der fahrlässige Umgang mit ätzenden Substanzen, zum Beispiel mit Pflanzenschutzmitteln oder starken Reinigungsmitteln.

Maßnahmen. Spülen Sie die betroffene Hautfläche sofort und ausgiebig unter fließendem Wasser. Notfalls helfen auch andere Flüssigkeiten wie Milch oder Sprudel, aber keine alkoholhaltigen Flüssigkeiten. Falls keine Flüssigkeit zur Hand ist, tupfen Sie die ätzende Substanz vorsichtig ab. Verwenden Sie hierzu möglichst sterile Wundauflagen oder saubere Stofftücher.

Geben Sie das Behältnis oder die Verpackung des Ätzmittels unbedingt mit in die Klinik, da es für die Weiterbehandlung wichtig ist, die Substanz zu kennen. Denken Sie auch an den Eigenschutz und versuchen Sie, mit dem Giftstoff und der Spülflüssigkeit selbst nicht in Kontakt zu geraten. Im Zweifelsfall Gummihandschuhe anziehen!

Bei Verätzungen des Munds, der Speiseröhre oder des Magens den Betroffenen niemals zum Erbrechen bringen!

Autor: Dres. med. Katharina und Sönke Müller; Dr. med. Arne Schäffler